Reichstagswahl 05.03.1933 in Bad Orb
Parteien |
Stimmen |
NSDAP |
838 |
SPD |
650 |
KPD |
412 |
Zentrum |
1092 |
Kampffront Schwarz weiß rot |
51 |
DVP |
20 |
sonst. |
20 |
Stalag IX B:
In Bad Orb, in der Wegscheide, die heute wieder als Kindererholungsheim dient, befand sich das Kriegsgefangenenlager Stalag IX B. Es wurde am 27.08.1939 beschlagnahmt und vom Dezember 1939 bis zum 02.04.1945 als Stalag genutzt.
Für die Bewachung der Kriegsgefangenen waren im wesentlichen die
-Landesschützen-Bataillone 624, 01.01.1941-17.11.1941
-Landesschützen-Bataillone 633, 13.06.1940 - XX.XX.1943
-Landesschützen-Bataillone 617 oder 619, 01.11.1941 - ?
verantwortlich
Heutige Wegscheide:
Damaliges Gefangenenlager:
Struktur des Gefangenenlagers und Zwangsarbeit
Neben Zivilarbeitern wurden auch Kriegsgefangene aus Lagern in Frontnähe über Durchgangslager in Mannschaftsstammlager (Stalags) nach Deutschland verlegt, um dort als Zwangsarbeiter eingesetzt zu werden. Das Deutsche Reich entzog ihnen den Schutz des Völkerrechts, indem es z. B. erklärte, der Staat Polen oder Jugoslawien habe aufgehört zu existieren (siehe Verbrechen der Wehrmacht. Für sie war die Wehrmacht zuständig, deren Kommandaturen die Gefangenen Arbeitskommandos zuteilten. Sie überließen sie den kommunalen Einsatzträgern, deren Arbeitsämter sie weiter vermittelten. Dafür erhielt das Stalag-Kommando eine „Entschädigung“ pro Kriegsgefangenen und Tag. War die Entfernung zwischen Stammlager und Einsatzort zu groß, dann wurden die Arbeitskommandos nah dem Einsatzort in Außenlagern untergebracht, wo sie ebenfalls bewacht wurden. Da die Wehrmacht personell nur eingeschränkt dazu in der Lage war, ernannte man auch ausgewählte Zivilpersonen vor Ort zu Hilfswachleuten.
Die ersten polnischen Kriegsgefangenen in der Region Büdingen kamen aus dem Stalag IX A in Ziegenhain (Schwalm), dann aber meist aus dem Stalag IX B in Bad Orb auf der „Wegscheide“, das am 1. Dezember 1939 fertiggestellt worden war. Nach ihrer Ankunft im Landkreis Büdingen wandte sich Kreisleiter Görner am 29. September 1939 schriftlich an die Bürgermeister des Kreises:
- „Zur Behebung des Arbeitskräftemangels sind in vielen Gemeinden volksfremde Arbeitskräfte ... untergebracht worden. Zur Vermeidung der Gefahr einer Vermischung mit Fremdvölkischen ist deshalb eine intensive Aufklärung der Bevölkerung erforderlich. ... Es muß deshalb von Ihnen erwartet werden, daß Sie alle Einwohner Ihrer Gemeinde darüber aufklären, daß die Reinerhaltung des deutschen Blutes ein nationalsozialistisches Gebot ist. Die Kriegsgefangenen müssen deshalb getrennt untergebracht und bewacht werden, damit ein Verkehr zwischen den Ortsangesessenen und den Gefangenen in jeder Weise vermieden wird. ... Sollte es vorkommen, daß ehr- und artvergessene Frauen … durch Anbieterungsversuche bei den Kriegsgefangenen das Volksempfinden verletzen, so ist die … Geheime Staatspolizei zum sofortigen Einschreiten zu veranlassen.“
Verschiedene französische Arbeitskommandos arbeiteten bis Kriegsende in Büdingen: 12 bis 15 Kriegsgefangene wurden seit Herbst 1940 in der Schneidmühle (heute Papiermühle) Büdingen untergebracht und bei der Viehverwertung GmbH beschäftigt. Aus Franzosen bestand auch das Arbeitskommando Nr. 236, das Ende 1940 in die Stadt kam. Sie arbeiteten im Sägewerk Wittchen in der Düdelsheimer Straße und waren zunächst auf dem Betriebsgelände untergebracht. Ab 1942 wurde ein Teil von ihnen in eine Baracke bei der Gastwirtschaft „Neue Klippe“ in der Straße „Am Hain“, ein anderer Teil in der Gastwirtschaft „Zum Hirschgraben“ in der Obergasse einquartiert. Ein weiteres Arbeitskommando von bis zu 34 Franzosen wurde vorwiegend in der Landwirtschaft eingesetzt, ein kleiner Teil – einmal acht, ein andermal fünf Männer – auch als Holzhauer bei der Stadt. Das Arbeitskommando Nr. 666 umfasste 25 französische Kriegsgefangene, die von Dezember 1941 bis Mai 1942 in der Gastwirtschaft „Alte Klippe“ ebenfalls in der Straße „Am Hain“ untergebracht waren. Danach wurden sie an ihre landwirtschaftlichen Arbeitsstellen zurückbeordert.
Wegen deren vorschriftsmäßiger Unterbringung und des korrekten (Nicht-)Umgangs mit ihnen schrieb die Kommandantur des Stalags IX B im August 1940 an die Bürgermeister und Ortsbauernführer u.a.:
- „Haltung der Bevölkerung:
- Grundsatz: stets Abstand halten von Kriegsgefangenen! Also:
- a) keine Tischgemeinschaft: Gefangene essen, wenn gleichzeitig, in anderem Raum; sonst vor- oder nachher.
- b) kein gemeinsamer Besuch von Kirchen, Veranstaltungen, Wirtschaften!
- c) kein Briefschmuggel zugunsten von Kriegsgefangenen: alle Kriegsgefangenenpost (ein– wie ausgehende) muss bestimmungsgemäss zwecks Prüfung über das Lager geleitet werden.
- Alsbald nach Belegung der Gemeinde mit Kriegsgefangenen wird, worauf schon jetzt hingewiesen sei, durch Offiziere eine Überprüfung stattfinden, ob diesen Anforderungen der Wehrmacht restlos Genüge getan ist.“
Am härtesten von allen wurden sowjetische Kriegsgefangenen behandelt. Sie gelangten ab dem Winter 1941/1942 in das Stalag IX B und wurden dort in einem separaten „Russenlager“ untergebracht. Hier mussten sie auf der Erde bzw. in selbst gegrabenen Erdlöchern vegetieren. Etwa 1.400 starben an Hunger, Ruhr und Typhus. Ein Arbeitskommando war für die Russen weniger grausam als diese Lagersituation, da sie dann verpflegt wurden, wenn auch quantitativ und qualitativ schlechter als andere Kriegsgefangene. Heute befindet sich in der Nähe des ehemaligen Lagers ein sowjetischer Soldatenfriedhof in Form einer Gedenkstätte. Der Verein „Die Wegscheide mahnt“ erinnert auf einer Informationstafel mit Augenzeugenberichten französischer Kriegsgefangener an die katastrophalen Zustände in dem benachbarten Russenlager.
Stalag IX B auf einen Blick
In Stalag IX B waren Franzosen, Italiener, Serben, Russen und Amerikaner interniert.
Vom Dezember 1939 bis zum 02.04.1945 war die Wegscheide ein so genanntes Stammlager für Kriegsgefangene (Stalag) der Deutschen Wehrmacht. Die meisten Gefangenen waren als Zwangsarbeiter bei den Bauern der Region oder in Fabrikationsstätten bis nach Frankfurt eingesetzt. Während zunächst Franzosen, Engländer und Polen im Lager waren, stammten ab 1941 die meisten Lagerinsassen aus der Sowjetunion. Ihre Versorgung und Unterbringung war menschenunwürdig. Noch heute zeugt davon etwa ein Kilometer südlich der Wegscheide ein Waldfriedhof, auf dem 1430 russische Kriegsgefangene in Massengräbern begraben sind.
Auf dem Foto sind amerikanische Kriegsgefangene, die die Reste aus dem Suppentopf kratzen. Sie bekamen eine Scheibe Brot und eine Schale Suppe (gelegentlich mit Pferdefleisch) am Tag zu essen. Die slawischen "Rassen" wurden noch weitaus schlechter behandelt.
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Das Lager wurde im Dezember 1939 erbaut und die ersten internierten polnischen Gefangenen wurden zur Zwangsarbeit, vor allem in den Salzminen, verpflichtet.
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Im Juni 1940 kamen viele französische Kriegsgefangene durch den Frankreichfeldzug ins Stalag IX b.
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1941 erreichten viele jugoslawische (vor allem Serben) Gefangene das Lager. Der Balkankrieg hatte begonnen.
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1942 und 1943 gelangten viele sowjetische Soldaten in Kriegsgefangenschaft und wurden interniert. Später folgten dann viele Italiener, nach dem Abfall Italiens von der Achse.
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Letztlich kamen Ende Dezember 1944 etwa 4.700 amerikanische Gefangene nach der Schlacht in den Ardennen ins Stalag IX b. Dadurch wurde die Kapazität des Lagers weit überschritten, was die Bedingungen im Lager sehr verschlechterte. Es wurden sogar Offiziere und NCOs später anderen Lagern übertragen.
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Januar 1945 ordnete der Kommandant an, dass alle jüdischen Gefangenen, bei der täglichen Aufstellung in einer Linie, einen Schritt vortreten sollten. Zuerst tat das niemand. Nach einigen Stunden des Stehens traten 130 Männer vor. Der Kommandant ordnete jedoch den Transport von 350 Männern an. Unruhestifter, darunter Pfc J.C.F. Kasten, der gewählte Gefangenenvertreter (geboren auf Hawaii als Sohn deutsch-amerikanischer Eltern) wurden ausgewählt, sowie alle die "jüdisch aussahen". Diese Männer wurden mit dem Zug in das KZ Buchenwald gebracht.
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Anfang April wurde das Lager von der 44th US Infantry Division befreit. 6.000 alliierte Soldaten, davon 3.364 Amerikaner konnten so überleben.
Die Kommandantur des Stalag IXb.
Der Kriegsgefangenenfriedhof
1.430 tote russische Kriegsgefangene...
...und nur 356 namentlich bekannt...
Übersichtskarte:
Juden
1925 gab es laut einer Volkszählung 79 Juden in Bad Orb.
Im Sommer 1933 war in Werbeprospekten der Stadt Bad Orb zu lesen „Juden sind unerwünscht“. Viele der jüdischen Bad Orber wanderten in die USA oder nach Australien aus. Der Umzug von 14 jüdischen Einwohnern noch Frankfurt ist ebenfalls dokumentiert.
1937 gab es noch 40, 1938 nur noch 20 Juden in Bad Orb.
Von den Bad Orber Juden sind in der Zeit des Nationalsozialismus nach den Listen von Yad Vashem in Jerusalem definitiv umgekommen:
Else Cohn geb Eisenmann 1895)
Fanny Coopmann geb. Eisenmann (1862)
Clara Eisenmann geb. Adler (1858)
Hermann Eisenmann (1929)
Irma Eisenmann (1935), Max Eisenmann (1906)
Michael Eisenmann (1894)
Robert Eisenmann (1932)
Selma Eisenmann (1925)
Simon Eisenmann (1899)
Blanka Frank geb. Wolfeiler (1894)
Auguste Goldschmidt geb. Seliger (1881)
Eleonore Goldschmidt geb. Seliger (1875)
Leo Goldschmidt (1889)
Moritz Goldschmidt (1879)
Johanna Hamburger geb. Silberthau (1895)
Bela Mainz (1909)
Ida Mainz geb. Seliger (1878)
Alfred Mannheimer (1935)
Friedrich Mannheimer (1931)
Irene Mannheimer (1926)
Max Mannheimer (1892)
Siegmund Seliger (1878 oder 1879)
Nelly Silberthau (1900).
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die jüdische Synagoge (Solplatz 1, Bad Orb) im August 1938 für 6000 Reichsmark an eine nichtjüdische Familie verkauft und wurde daher nicht zerstört. Die Synagoge wurde zum Wohngebäude umgebaut und ist als solches noch heute erhalten.
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