Sturm auf die Metaxaslinie - Kampf um das Hauptwerk auf
dem Istibei
In den ersten Apriltagen des Jahres
1941 stand in Südbulgarien die
5.
Gebirgsdivision an der bulgarisch-griechischen Grenze im Raum um Petritsch
zum Ansturm auf die Metaxas-Linie bereit, es war ihr Auftrag, im Schwerpunkt
des XVIII. Gebirgskorps westlich der Straße durch die Enge des Struma-Tales,
wo sich mit die stärksten Werke der griechischen Befestigungsfront befanden,
frontal anzugreifen, die Befestigungen auf den Höhen zu durchbrechen, die
Struma-Brücke jenseits der Berge unversehrt zu besetzen und den wichtigen
Rupel-Paß aus Flanke und Rücken zu öffnen, nachfolgend ein Erlebnisbericht
über den Sturm auf den "Festungsberg" Istibei
die bereits 14 Tage vor dem Angriff beginnende Aufklärung
ergab, daß die griechischen Bunkeranlagen weitaus stärker waren, als man
ursprünglich angenommen hatte, doch erst nach den Kämpfen sollte sich
herausstellen, daß auch diese Angaben von der Wirklichkeit noch weit
übertroffen wurden, handelte es sich doch hier nicht nur um eine mehrfach
gestaffelte Oberflächenverteidigung mit Sperren, Hindernissen und
Betonbunkern, sondern um große, zusammenhängende unterirdische Festungswerke
schon Tage vor dem Angriff liefen auch Erkundungen gegen
den 1335 Meter hohen Istibei, diesen Berg sollte als erstes das III. Bataillon
des Gebirgsjägerregiments 85 unter Major Esch mit
Stuka- und starker Artillerieunterstützung aus der gegnerischen Festungsfront
herausbrechen, der Istibei sperrte, breit hingelagert, mit seinem kahlen
Rücken den von Petritsch in die Berge hinaufführenden Grenzweg, er stellte
eine langgestreckte, nahezu abgeholzte und nach beiden Seiten stark abfallende
Kuppe dar, au der zahlreiche Bunker, Feldstellungen, Drahthindernisse,
Panzergräben, Minenfelder und Baumsperren erkannt worden waren, nicht zu
erkennen aber war, daß die sichtbaren Bunker lediglich die Außenkampfstände
einer tief im Berg befindlichen Festung darstellten
der 6. April 1941 war der
erste Angriffstag, noch vor dem Morgengrauen gelang einem Stoßtrupp der 13.
Kompanie die Wegnahme der westlich des Istibei befindlichen Kuppe 1224, dort
sollten sich verschiedene B-Stellen der eigenen Artillerie zur Feuerleitung
auf die griechischen Bunker einrichten, außerdem sollte eine halbe
Gebirgsbatterie zur unmittelbaren Nahkampfunterstützung der angreifenden Jäger
vorgezogen werden, um 05.40 Uhr begann das planmäßige deutsche Wirkungsfeuer,
gegen jede erkannte Bunkerscharte des Istibei waren mindestens zwei
panzerbrechende Waffen angesetzt, zwei 8,8-cm-Flak, sechs 2-cm-, drei 5-cm-
und zwölf 3,7-cm-Pak sowie zwei leichte 7,5-cm-Infanteriegeschütze hämmerten
gegen die griechischen Bunker, von 06.10 bis 06.20 Uhr erfolgte der erste
Stuka-Angriff auf Istibei-West, unter mächtig aufschießenden Rauch- und
Qualmwolken schien der ganze Berg zu verschwinden
fünf Minuten vor Beendigung des Bombardements gingen die
Kompanien des III. Bataillons, verstärkt durch eine Pionierkompanie, zum
Angriff vor, der Gegner wurde noch durch den Punktzielbeschuss der schweren
Waffen niedergehalten, doch als mit dem Fortgang des Angriffs - bereits an den
ersten Bunkern vorbei - der eigene Schartenbeschuss nachzulassen begann,
setzte aus allen feindlichen Waffen das Abwehrfeuer ein, selbst ein zweiter
Stuka-Angriff konnte die tapferen Verteidiger nicht erschüttern, auch hatte
der Beschuss durch Artillerie und schwere Waffen zumeist nur den Außenbeton
der griechischen Anlagen aufgerissen, ohne den innen befindlichen Besatzungen
zu schaden
nun, da weder Stukas noch Artillerie und schwere Waffen den
Angriff weiterhin unterstützen konnten, musste in dem immer stärker und härter
entbrennenden Kampf jede einzelne Verteidigungsanlage von Jägern und Pionieren
im Nahkampf niedergerungen werden, zusammengewürfelte Gruppen, kleine Trupps
und einzelne verwegene Jäger versuchten immer wieder, auf den Bunkerdecken
liegend, von oben her oder seitwärts in die toten Winkel gepresst, mit allen
Mitteln die feuerspeienden Betonungetüme zum Schweigen zu bringen, doch die
mitgeführten geballten und gestreckten Ladungen waren allzu rasch verbraucht,
auch zeigten sich die vielfach verwendeten 5-kg-Ladungen gegen den starken
Beton als zu schwach, die Flammenwerfer der Pioniere versagten durchwegs, so
musste improvisiert werden, MG- und MPi-Garben wurden in die Bunkerschlitze
gefeuert, Leuchtpistolen jagten Kugeln hinein, Handgranatenbündel rissen große
Zementbrocken heraus, gekoppelte Handgranaten wurden über herausstehende
Waffenläufe gehängt, um diese abzusprengen, in die auf den Bunkern entdeckten
Lüftungsrohre wurden Nebelhandgranaten und Sprengmittel geworfen, am besten
bewährte sich in diesem mühseligen Kampf das Verdämmen der Bunkerscharten mit
Steinen, Felsgeröll, Ästen und Zweigen, doch die Griechen wühlten stets aufs
neue ihre bereits zugeschütteten Bunkerscharten von innen her wieder frei, am
schlimmsten wirkte sich für die Angreifer das flankierende und sich kreuzende
feindliche MG-Feuer aus, das aus den sich gegenseitig deckenden Anlagen fast
jeden Meter Gelände beherrschte und mit tödlichen Garben bestrich
unterdessen war es 13.00 Uhr geworden, acht Bunker waren
bisher außer Gefecht gesetzt, sechs weitere stark beschädigt worden, da
versuchten die sich erbittert wehrenden Griechen, die Deutschen oben auf dem
Berg mit einem verzweifelten Mittel wieder abzuschütteln und leiteten das
Feuer der Nachbarwerke und rückwärtiger schwerer Batterien auf sich selbst,
auf Anforderung der Werkbesatzung gingen 14 griechische Geschütze bis zum
Kaliber 15 cm zu fortwährenden schweren Feuerüberfällen auf den Istibei über
sechs Stunden lang lagen die Gebirgsjäger des III./85
wehrlos unter einer tobenden Feuerglocke, sie versuchten, sich in den
steinigen Fels des Berges zu wühlen, ohne jedoch ausreichenden Schutz vor den
auf sie niederhagelnden Granaten zu finden, inzwischen hatte auch ein jäher,
im Gebirge häufiger Wettersturz stattgefunden, die Temperaturen sanken, es
wurde kalt, bald goss es in Strömen, und sogar Schnee wirbelte zwischen
wallenden Nebelschleiern nieder, schutzlos lagen die Männer mitten zwischen
den griechischen Bunkern, Wetter und Feindfeuer preisgegeben, die Verluste
stiegen zunehmend an, am Nachmittag unternahmen die Griechen aus bisher
unbekannten Ausgängen des Werkes verschiedene Gegenstöße, um dadurch die auf
der Bergkuppe sitzenden Deutschen wieder zu vertreiben, aus nächster Nähe
griffen sie überraschend mit Handgranaten an, wurden aber unter starken
Verlusten zurückgewiesen, gegen 17.00 Uhr setzte der Gegner mit außerhalb des
Istibei befindlichen Truppen zu einem größeren Gegenangriff aus südwestlicher
Richtung an, um das mit letzter Kraft sich haltende Bataillon vom Berg zu
werfen, auch dieser Angriff wurde im Dauerfeuer der eigenen schweren
Maschinengewehre abgewehrt, endlich ließ nach 19.00 Uhr der griechische
Artilleriebeschuss nach, Jäger und Pioniere, dezimiert, erschöpft und
abgekämpft, richteten sich in der einfallenden Dunkelheit auf dem Istibei zur
Rundumverteidigung ein, sie wollten den einmal erstürmten Berg nicht wieder
aus der Hand geben, gegen Abend entschloss sich auch die Regimentsführung, das
stark mitgenommene III./85 durch Teile des II. Bataillons zu verstärken, um
einerseits während der kommenden Nacht die Oberfläche des Istibei unbedingt zu
halten und andererseits am kommenden Morgen den endgültigen Fall der
unterirdischen Festung zu erreichen
die finstere, kalte, regendurchpeitschte Nacht zum 7. April brachte keine Ruhe, nochmals musste
gegen 23.00 Uhr ein letzter griechischer Gegenstoß zurückgewiesen werden, dann
wurden in rastloser Arbeit die ganze Nacht hindurch zwei Drittel aller
Bunkerscharten verdämmt, gesprengt oder zugeschüttet, Trägerkolonnen brachten
neue Munition, 250 Kilo Sprengmittel und eine Anzahl Benzinkanister den Berg
hinauf, trotz Sturm und Dauerregen, die der nächste Tag brachte, ging der
Kampf auf beiden Seiten mit unverminderter Verbissenheit weiter
um 09.00 Uhr sprengte der Pionierzugführer des II./85,
Leutnant Klingseisen, einen Bunker auf und stieg
mit einem kleinen Stoßtrupp in das unterirdische Werkinnere ein, durch ein
Gewirr von Gängen drangen die Pioniere mehrere hundert Meter weit vor, doch
dann prallten sie mit Soldaten der Werkbesatzung zusammen und mussten sich vor
der feindlichen Übermacht wieder zurückziehen, der Gegner dachte immer noch an
kein Aufgeben, obwohl die Deutschen schon seit 30 Stunden auf seiner
Werkoberfläche saßen
um die tief in ihren unterirdischen Räumen befindliche
Besatzung nun endlich zur Übergabe zu zwingen, sollte jetzt ein furchtbares
Mittel angewendet werden, in die aufgesprengte Panzerkuppel auf dem Gipfel
flossen 200 Liter Benzin, die in Brand gesetzt wurden, gegen 09.30 Uhr hoben
sich die Köpfe der müden, durchnässten und ermatteten Belagerer: Irgendwo im
Festungsgelände wurde eine weiße Fahne sichtbar, doch die aufkommende
Erleichterung war verfrüht, denn noch immer wurde aus einigen Bunkern und
Anlagen geschossen, erst um 11.15 Uhr erschien der Festungskommandant am
Haupteingang auf der Südseite und bot die Übergabe des Werkes Istibei an, acht
Offiziere und 450 Mann, davon über 100 verwundet, gingen mit ihm in die
Gefangenschaft, fünf Offiziere und 38 Mann der Besatzung waren gefallen
der Istibei war erobert, das hartnäckige Durchhalten der
angreifenden Gebirgsjäger hatte die Besatzung des großen und modernen
Festungswerkes zur Übergabe gezwungen, eine entscheidende Bresche war in die
Metaxas-Linie geschlagen worden, Voraussetzung für einen weiteren Durchbruch
durch die griechische Festungsfront
über 40 Tote und 141 Verwundete des III. Bataillons der
"85er" waren der Preis für diesen Angriff gewesen